TM Hauptwörter (50): [T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
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TM Hauptwörter (200): [T69: [Iii Ann Reg Urkunde Otto Chron Waitz Stumpf Urk Leg], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T92: [Vgl Aufl fig Vergl Sch. Liv Sept Aug Iii Geb], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter]]
127
Hand der Mutter im Garten spazieren. Sie standen endlich vor einem
Spaliere, an welches der Vater viel herrliche Bäumchen gepflanzt hatte,
die jetzt ihre ersten Früchte trugen.
§. L Als sie noch standen und sich des schönen Anblicks freuten,
kam ein Bote und brachte ein versiegeltes Schreiben. Hastig griff die
Mitter darnach und rief erfreut: „Kinder, es ist die Hand des Vaters,
hört, was er schreibt!"
Und der Vater hatte geschrieben, wie er noch gesund sei, auch
bald kommen werde und wünsche, alle seine Lieben gesund wieder zu
sehen. Endlich befahl er den Kindern artig zu sein, und besonders
die Früchte der Bäumchen, vor denen ste zufällig gerade standen, un-
berührt zu lassen, damit er später sehen könne, von welcher Art sie sein
möchten. Die Knaben versprachen der Mutter, dem Gebote des Vaters
Folge zu leisten.
§. 5. Da kam aber einst der Sohn des Nachbars, ein böser Bube,
und beredete Wilhelm also, daß sie in den Garten gingen und voll
Naschbegier die Bäumchen allzumal ihrer noch nicht völlig gereisten
Früchte beraubten. Aber als die That geschehen war, da sah Wilhelm
erst ein, wie sehr er gesündigt, weinte und wünschte sie nicht vollbracht
zu haben. — Der Sommer ging zu Ende, und der Vater kehrte wieder.
Die ganze Familie freute sich; Wilhelm aber ging ihm schüchtern ent-
gegen und schlug das Auge zu Boden, denn seine Sünde lastete auf
ihm. Er konnte dem Vater nicht froh ins Angesicht sehen.
§. 6. Und als der Heimgekehrte am andern Tage auspackte und
jeglichem seiner Kinder ein mitgebrachtes Geschenk gab, da jauchzten
alle, nur Wilhelm sah vor sich nieder und weinte; alle waren fröh-
licher als er. Der Vater aber fragte: Wilhelm, warum weinest du?
Und der Knabe antwortete: Ach, mein Vater, ich bin deiner Liebe nicht
werth, ich bin ungehorsam gegen dein Gebot gewesen, denn siehe, ich
habe doch deinen Bäumchen die Früchte geraubt! Deine Reue versöhnt
mich, sagte der Vater und hob den Sohn ans Herz; ich verzeihe dir,
aber folge mir in den Garten!
§. 7. Und er führte den Knaben zu jenen Bäumchen, welche er
an den Geburtstagen seiner Kinder gepflanzt hatte. Siehe, da war
das eine größer geworden, hatte einen stärkern Stamm, denn das an-
dere, und hing wieder voll schöner Früchte. Das andere aber, was
Wilhelm gehörte, war klein geblieben, verwachsen und stand kahl und
traurig da. Ringsum hatten nämlich Nesseln, Schlingpflanzen und an-
deres Unkraut gewuchert und dem Bäumchen die beste Kraft zum Wachs-
thum entzogen. So war es das kleinste geblieben. Warum, mein
Sohn, fragte jetzt der Vater, giebt dein Bäumchen keine Frucht und
steht so traurig da? —
§. 8. Der Sohn schlug die Augen zur Erde, Nöthe deckte seine
Wangen, und er sprach: „Das Unkraut trägt die Schuld." — Also
verderben böse Gesellschaften die guten Sitten, redete ernst
der Vater; möchtest du, mein Sohn, nie wieder vergessen, was dich
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Wilhelm Wilhelm Wilhelm Wilhelm
Blumen, freundliche Kinderchen ihr,
Dann schlaft ihr der Mutter im Arm!
Sie heget und pfleget euch für und für,
Bis Lüftchen im Lenze so warm.
Dann schlüpft ihr hinaus in die son-
nige Welt,
In Busch und Feld,
Und lasset mit wonnigem Lächeln
Euch wieder von Westen umfächeln.
Blumen, freundlichen Kinderchen gleich,
Froh küssen euch Quellen den Fuß,
Und Vöglein, tändelnd durch Waldes-
gesträuch,
Sie bringen in Liedern den Gruß,
Und gehet die herrliche Sonne dort auf,
In ihrem Lauf
Blickt strahlend so warm sie hernieder
Und küsset euch Blümelein wieder.
Plenen kommen in freudiger Hast,
Lang' haben sie euch nicht geschaut,
Bittensich summend und brummend zugast,
Der Schmetterling grüßt euch vertraut.
Bor allen der Mensch mit der fühlen-
den Brust,
In stiller Lust,
Begrüßet euch Lieblichen wieder,
Euch weihend die schönsten der Lieder.
Blumen, dankend druni öffnet ihr auch
Den würzigen duftenden Schooß,
Und lebenerftischender, stärkender Hauch,
Reißt statt der Sprache sich los. —
So lebt ihr mit heiterem, liebendem
Sinn
Im Lenze hin,
Und wehet der Nordwind Hemieder,
So kehret zur Mutter ihr wieder.
(Kellner.)
61. Die Hyazinthe.
(Xiv. M u st e r st ü ck von Kellner.)
§. 1. Sophie war betrübt, daß der Winter so lange währte. Denn
sie liebte die Blumen, und hatte ein kleines Gärtchen, wo sie sich die
schönsten mit eigener Hand erzog. Darum sehnte sie sich nach dem
Frühlinge, und daß der Winter vorübergehen möchte.
§. 2. Da sprach der Vater: Siehe, Sophie, ich habe dir eine
Blumenzwiebel mitgebracht, du mußt sie dir aber selbst mit Sorg-
falt erziehen.
§. 3. Wie üevmotfjte ich das, mein Vßatex, antwortete das Mäd-
chen. Es ist ja Schnee draußen, und die Erde ist hart wie ein Stein.
— So redete sie, denn sie wußte nicht, daß man auch in Scherben
Blumen erziehen kann, und hatte es niemals gesehen.
§. 4. Der Vater aber gab ihr ein Töpfchen mit Erde, und
Sophie that die Blumenzwiebel hinein. — Aber sie sah den Vater
an und lächelte, zweifelnd, ob er auch im Ernste geredet; denn sie
meinte, es müsse ein blauer Himmel über der Blume schweben und
Frühlingslüftchen um sie her, und unter ihren Händen könne solche
Herrlichkeit nicht gedeihen.
§. 5. Nach einigen Tagen hob sich die Erde in dem Scherben,
grüne Blättchen trugen sie empor auf ihren Spitzen und kamen an das
Licht. Da frohlockte Sophie, klatschte in die Hände und verkündete dem
Vater und der Mutter und dem ganzen Hause die Geburt des jungen
Pflänzchens. Darauf benetzte Sophie die Pflanze mit Wasser und lächelte
mit Wohlgefallen auf sie hernieder.
§. 6. Der Vater sah es an und sprach: So recht, mein Kindl
Dem Regen und Thau muß der Sonnenschein folgen. Der Strahl
des freundlichen Auges giebt der Wohlthat, welche die Hand reicht, ihren
Werth. — Dein Pflänzchen wird wohl gedeihen, Sophie!
§. 7. Nun kamen die Blätter aus dem Schooße der Erde ganz
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519
vorgestern hier gewesen wärest, so wüßte ich auch jemanden, der den
ganzen Vormittag nicht vom Fenster gekommen wäre. Du sollst nämlich
wissen, daß an diesem Tage drei Cavallerie- und vier Infanterie-
Regimenter durch unsern Ort zogen, um sich zur Musterung nach B.
zu begeben; und wenn du aufmerksam List, so will ich dir etwas davon
erzählen. Daß dein Brüderchen schon um 4 Uhr Morgens auf der
Beinen war, um ja nichts zu versäumen, kannst du dir leicht denken.
Aber es dauerte noch eine geraume Zeit, bis die Herrlichkeit anging,
und fast wäre ich übellaunig geworden. Da — auf einmal — ich
stand gerade unter der großen Linde auf dem Kirchhofe — steigt im
fernen Felde eine lange, lange Staubwolke auf! drinnen funkelt und
blitzt es, daß es eine Lust war. Sie kommen! jauchzten wir alle, eil-
ten von der Höhe hinunter auf die Landstraße, und schlossen uns gleich
an die ersten Krieger an. Es waren Grenadiere, lauter große,
schnurrbärtige Männer mit gewaltigen Federbüschen auf den Helmen.
Als sie vor dem Thore anlangten, machten sie Halt und erwarteten die
Übrigen, dann stellten sie sich in Reihe und Glied und marschirten nun
in Parade durch den Ort. Wie wirbelten da die Trommeln, wie
brauste die Janitscharenmusik dazwischen! Wie blinkten die Ge-
wehre und die Degen der Offiziere! Aber das war alles noch nichts
gegen die Reiter. Die hättest du sehen sollen! Zuerst kamen die Hu-
saren, zuletzt Kürassire. Welch' prächtige Pferde, welch' glänzendes
Geschirre! Und nun erst die Reiter selbst! Ich konnte mich gar nicht
satt sehen an den Säbeln, den wehenden Federbüschen, den glänzenden
Achselbändern, der Stickerei und den Ordenssternen. Vor allen gefielen
mir die Kürassire mit ihren blitzenden Panzern und Helmen; ich dachte
dabei immer an die alten Ritter. Und nun vollends die Trompeter!
Als die anfingen, hörte und sah ich nichts anderes mehr. Da nun die
Krieger vorbei waren, kamen Kanonen, Pulverwagen, Packpferde, — und
so ging es bis zum Abende. Ich war vom vielen Sehen und langen
Stehen recht müde, aber es war doch ein herrlicher Tag. Mehr als
zehnmal habe ich dich hergewünscht. Leider konntest du nicht zugegen sein
Fnd mußt dich daher begnügen mit der unvollkommenen Beschreibung
deines
N. dich liebenden Bruders
Fritz.
13. Wohlthätigkeit.
(Xv. Muster stück von Kellner.)
§. 1. „Die armen, unglücklichen Menschen!" sprach Alwine zur
Frau Hold, ihrer Mutter. „Du solltest sie sehen! Vierzehn Meilen
weit sind sie vor dem Feinde geflohen. Er soll sengen, brennen und
plündern, wohin er kommt."
§. 2. „Ach, meine Tochter!" versetzte Frau Hold, „der Krieg ist
eines der größten Übel, das die Menschheit drückt. Du hast Recht,
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521
§. 10. Gerade als sie gehen wollten, sahen sie, daß auf der
Straße viel Volk zusammenlief. Sie hörten, daß man eine Menge
Kriegsgefangene dringe. Alwine stellte sich mit Meta vor das elterliche
Haus und wurde durch den Anblick der Gefangenen tief erschüttert.
Sie baten um Almosen. Alwine sprang nach ihrem Gelde, das sie im
Zimmer liegen gelassen hatte. „Du wirst doch nicht deine wenigen
Groschen hergeben wollen," sprach Meta; „weißt du nicht, daß sie für
den Taschenspieler bestimmt sind?"
§. 11. Aber Alwine ließ sich nicht irre machen. Sie erblickte
unter den Kriegsgefangenen zwei Verwundete, die kaum mehr fort-
kommen konnten. Ihnen gab sie die ganze Baarschaft.
Meta tadelte sie deshalb, aber Frau Hold sagte: „Alwine hat
recht gethan; sie hat durch ihre Gabe die armen Verwundeten vielleicht
sehr erquickt."
§. 12. Es dauerte nicht lange, so wurden die Einwohner der
Stadt aufgefordert, gezupfte linnene Fasern (Charpie) herbeizuschaffen,
die man bei Heilung der Verwundeten nöthig hatte. So wie Alwine
davon hörte, regten sich in ihr mit aller Macht die Gefühle der Mensch-
lichkeit, und sie Lat die Mutter, ihr altes Linnenzeug zu geben, damit
sie schnell Charpie zupfen könne.
§. 18. „Du vergißt ja ganz unsern Spaziergang," sprach Meta;
jetzt ist es keine Zeit, Charpie zu zupfen. Laß das, bis wir wieder
zurückkommen."
„Liebe Meta," sagte Frau Hold, „wollen wir andern wohlthun,
so kommt alles darauf an, daß wir es bald thun. Wer bald giebt,
giebt doppelt! heißt es im Sprüchworte. Wollen wir den Ver-
wundeten eine Wohlthat erweisen, so muß dies bald geschehen."
§. 14. Verdrießlich nahm Meta ihren Strickbeutel und ging da-
von; Alwine aber zupfte unermüdet und mit Emsigkeit Charpie, die an
eine obrigkeitliche Person abgegeben wurde; und so trug auch sie etwas
zur Linderung der Leiden jener Unglücklichen bei.
§. 15. So wie sich Alwine bei dieser Gelegenheit benahm, so
benahm sie sich immer. Als ein theilnehmendes, wohlthätiges Mäd-
chen linderte sie menschliches Elend, wo und so viel sie konnte. Als
Alwine später die Frau eines reichen Mannes wurde, befand sie sich
im Stande, ihre Wohlthätigkeit weiter auszudehnen und that dies mit
liebevollem Eifer.
§. 16. Viele Wittwen und Waisen, Kranke und Arme nahmen
zu Alwinen ihre Zuflucht und wurden von ihr unterstützt. Doch be-
merkte diese wohlthätige Frau bald, daß - sie durch ihre Wohlthaten
nicht so viel Gutes stiftete, als sie wünschte. Den meisten wurde nur
auf kurze Zeit geholfen; manche, die von ihr Geld erhielten, gingen
damit in eine Schenke, machten sich eine frohe Stunde und darbten
dann wieder.
Alwine dachte nun nach, wie sie dies alles am besten verhindern
und den Armen auf eine sichere Weise helfen könnte. Sie legte ein
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Extrahierte Personennamen: Alwine Alwine Hold Hold
512
Die Ritter zu der rechten Hand sind tapfrer als die linken;
Sie werden meistens nur gesandt, wenn jene etwa hinken.
Geöffnet sind den ganzen Tag die Thore all' des Schlosses,
Bis Abends müd' darniederlag der Herr des Flügelroffes.
(Mises.)
6. Mutterliebe.
In einer blühenden Ebene Italiens zwischen duftenden Limoni en-
wäldern beglückte die gute Clementine in einem kleinen einsamen Häus-
chen einen Mann und drei Kinder mit unaussprechlicher Liebe.
Eines Tages hatte sie von der kühlen Dämmerung des Morgens
an bis zum schwülen, sinkenden Abend, indeß ihr Gatte in Geschäften
entfernt war, emsig gearbeitet, und ohne nur einmal an sich zu denken,
rastlos ihre Kräfte an der Beschickung des Hauses und der Besorgung
ihrer Kinder erschöpft. Froh der vollendeten Arbeit, trat sie in die
Thüre der Hütte und schaute mütterlich sorgsam hinaus nach ihrem
Knaben Antonio, der in der Nähe mit der kleinern Schwester Franziska
in einem Lorbeergesträuche im Schatten von Olivenbäumen einträchtig
spielte. Befriedigt eille sie zurück in die arme, reinliche Stube, besetzte
den Tisch mit dürftiger, doch wohlschmeckender Kost zum Abendessen, hing
mit lächelndem Gesichte und verhaltenem Athem lange über der Wiege,
in welcher ihr Säugling mit glühenden Wangen und hörbaren Athem-
zügen des süßen Schlafes genoß, und ließ sich dann behutsam auf einen
Schemel neben der Wiege an ihrem Rande nieder.
Die friedliche Stille umher, das sanfte Schnarchen des schlafenden
Kindes, das leise Wehen eines schwülen Lüftchens, das in dichter Reben-
laube an dem Fenster flüsterte, der oft unterbrochene heimliche Gesang
einer Schwalbe, die unter dem Dache zwitscherte, und vor allem die
Ermüdung von vierzehnstündiger Geschäftigkeit führte einen Schlummer
herbei, der ihr unvermerkt die schweren Augenlieder zu schließen begann.
Aber schnell raffte sie sich auf. „Ich darf nicht schlafen," sagte sie,
„Franziska braucht ein neues Kleidchen!" und rieb sich die drückende
Mattigkeit aus den Augen: — Gott, wie oft und gern reibt eine Mut-
ter für ihre Kinder den Schlaf von den Wimpern! und dann spann sie
so eifrig, so rasch, dann drehte sie ihr Rädchen so hurtig, als sollte
das Garn zu Franziska's Kleide noch heute gesponnen sein. Plötzlich
schreckte ein jähes Angstgeschrei ihres Antonio sie auf. Sie stürzte vor
die Hütte und sah mit Beben, wie er die kleine, zitternde Franziska
herbeiführte, und hörte mit Erstarren, wie er von Weitem rief: „Mut-
ter, sieh' nur, wie Franziska's Hand da blutet! Eine Natter hat sie
gebissen." — „Ach Franziska, meine Franziska, eine Natter! Gott,
warum ließ ich sie hier spielen! Hülfe! Rettung!" Das war alles,
was sie mit verschlungenen Armen ächzte, das war es, was sie einem
eben vorübereilenden Manne in gebrochenen Worten stammelte. „Junges
Weib, sagte der Wanderer, ich kann nicht weilen, mein Vater liegt in
jenem Dorfe todtkrank; auch habe ich nur emen Rath: seht, wo ihr
einen Hund bekommt, der ihr das Gift aus der Wunde saugt, aber
geschwind, geschwind. Sonst weiß ich nichts." Mit diesen Worten
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Extrahierte Personennamen: Antonio Franziska Franziska Franziska Franziska
513
ging bet Mann vorüber und Clementine taumelte, wie vom Schwindel
überfallen, und die Verzweiflung zuckte auf ihrem blassen Gesichte. Doch
nach einem Augenblicke ward ihr Antlitz heiterer; sie erhob sich schnell
und freudig, wie wenn man Rettung sieht. „Ein Hund das Nattergift
aus ihrer Wunde saugen?" sagte sie; „das wird ein Hund nicht thun;
aber eine Mutter kann es, eine Mutter thut es!" und hastig zog sie
ihre Tochter an sich, als ob sie von einem Abgrunde sie wegriß, und
drückte die sanften Lippen auf die Wunde und sog, und sog so innig
und lange, als könnte sie hundertjähriges Leben aus dieser Wunde
saugen. Indem sah Antonio den Vater sich nähern, stürzte ihm ent-
gegen und erzählte ihm, was geschehen war und was die Mutter jetzt
thue. Vor Entsetzen erbleichte der junge Mann und wankte und hielt
sich an dem nächsten Baume. „Was machst du, Vater? rief der Knabe
und sprang auf ihn zu, als wollte er ihm helfen; aber noch ehe er ihn
umfaßte, bebte er wieder zurück vor einer todten Schlange, die er jetzt
an des Vaters Stab gewunden erblickte, und stammelte: „Ach, die Nat-
ter war es, ja, so eine Natter hat unsere liebe Franziska gebissen!" —
„Nun Gottlob! Gottlob!" jauchzte der Vater; „das ist keine Natter,
das ist eine unschädliche Schlange, die niemand todten kann." Mit
nasien Augen erreichte er die Hütte, umfaßte die Tochter mit der Mut-
ter und schloß sie lange an seine Brust und rief mit trunkener Freude:
„Böses, treffliches Weib, wie hast du mich erschreckt! Aber Gott sei
Dank, die Schlange war nicht giftig; der Herr sei gepriesen, wir bleiben
noch beisammen, und deine Mutterliebe werde ich nie vergessen, und
keins von deinen Kindern wird sie je vergessen; und diese Hand, auf
deren Wunde du deine mütterlichen Lippen drücktest, wird einstens gewiß
dein graues Haar mit Rosen- und Myrtenkränzen zieren."
In schweigendem Entzücken traten nun die Gatten, von ihren Kin-
dern begleitet, in die Stube, durch deren Fenster eben die untergehende
Sonne den einladenden Tisch mit ihrem Rosenschimmer röthete, und der
Säugling in der Wiege sah mit weit offenen Augen ruhig um sich und
lächelte den glücklichen Eltern entgegen.
7. Der Neugierige.
(in. Musterstück von Kellner.)
(Wortfamilie des Wurzelwortes: Hören.)
Das Weihnachtsfest nahte heran. „Emma," sagte daher eines
Abends Heinrich zu seiner Schwester, „ich möchte nur hören, was
die Eltern jetzt bisweilen mit einander reden. Wenn ich es nicht ver-
hört habe, so sprachen sie von unsern Geschenken. Sie redeten so
leise, daß ihre Worte kaum hörbar waren; allein ich habe ein feines
Gehör und glaube doch, daß ich recht hörte. Vielleicht erhören
sie meinen Wunsch und schenken mir ein Paar Schlittschuhe." — „Du
mußt nicht horchen," antwortete Emma. „Die Eltern haben das
verboten, und Kindern ziemt Gehorsam. Du sollst nicht bloß Hö-
rer (Jakobus 1, 22), sondern auch Thäter des Wortes sein; dann
Hacsters' Lesebuch für Oberkl. Simultan-Ausg. 33
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Extrahierte Personennamen: Antonio Franziska Heinrich Heinrich Emma Jakobus
- 514 —
nur bist du gehorsam. Unsere billigen Wünsche werden schon Er'-
hörung finden.
Emmas Worte wurden kaum angehört.
Als es dunkeler geworden war, ging Heinrich an die Thüre des
Zimmers, worin der Vater arbeitete, um die Eltern zu behorchen.
Wirklich sprachen beide mit einander. Der Knabe lehnte das Ohr
an das Schlüsselloch und horchte aufmerksam. Aber was vernahm
er? Die Mutter llagte sehr, daß Heinrich ihren Befehlen oft un-
gehorsam sei und lange nicht so pünktlich gehorche, wie Emma.
Darauf sagte der Vater, daß der Ungehorsame nicht reichlich beschenkt
werden solle. Heinrich fuhr erschrocken und beschämt zurück. Als Emma
seine schamrothen Wangen sah, sprach sie: „Nun, was hast du erhorcht?
— Gewiß ist das Sprichwort: Der Horcher an der Wand hört seine
eigne Schand', an dir in Erfüllung gegangen."
8. Dle Blurnerilese.
(Xvi. Muster stück von Kellner.)
§. 1. Die zarte, unschuldige Therese hatte, so lange der Mai
währte, das Bette hüten müssen. Als sie nun genas und wieder Kräfte
gewann, redete sie von den Blumen und fragte, ob sie auch so schön
blüheten, wie im vorigen Jahre. Denn sie liebte die Blumen sehr,
konnte aber nicht hinausgehen, um solche zu pflücken.
§. 2. Da nahm Erich, der Bruder des kranken Mädchens, ein
Körbchen und sagte heimlich zur Mutter: „Ich will ihr die schönsten
des Feldes bringen!" Und so ging er zum ersten Male hinaus in das
Gefilde. Denn so lange die geliebte Schwester darniederlag, hatte er
sie nicht verlaffen wollen. Jetzt däuchte es ihm, als sei der Frühling
nie so schön gewesen. Denn er sah und empfand ihn mit einem from-
men und liebevollen Herzen.
§. 3. Der fröhliche Knabe lief bergauf, bergab. Wohin er seine
Schritte lenkte, da sangen Nachtigallen, flatterten Sommervögel, und
wo ein Hügel sich emporhob, da blühten liebliche Blumen. Er aber
ging und sang und hüpfte von einer Blume zur andem. Seine Seele
war heiter, wie es über ihm d?r Himmel war, und sein Auge glänzte,
wie das Börnlein glänzt, was aus Felsen quillt.
§. 4. Endlich war sein Körbchen voll der schönsten Blumen^ und
oben darüber lag ein Kranz von Felderdbeeren, wie Perlen an einen
Grashalm gereiht. Lächelnd blickte der glückliche Knabe in sein volles
Körbchen, lagerte sich da, wo weiches Moos den schatttgen Hügel be-
deckte, und horchte dem Wechselgesange der Nachtigallen. Aber er hatte
sich müde gefreut, selbst der Jubel des Feldes und das Lied der Nach-
tigallen schläferten ihn ein.
§. 5. Ruhig schlummerte der holde Knabe. Siehe, da erhob sich
am Himmel ein Gewitter. Dunkel und schweigend zog das Gewölk
herauf; Blitze leuchteten, und die Stimme des Donners tönte immer
näher und lauter. Als jetzt plötzlich der Wind in den Ästen der Eiche
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Emmas Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Emma Heinrich Heinrich Emma Erich
525
Ofen hervor, und m den Hundstagen müßte er sich noch einheizen lassen.
Aber die Sonne in ihrer Pracht und Majestät grüßt mit Freude Hoch
und Nieder, Berg und Thal, den Thautropfen wie das Meer,
sie giebt dem Armen wie dem Reichen Licht und fragt nicht lang:
Wie viel tausend Thaler hat er im Vermögen? was ist er? wie
betitelt man ihn? Nein, sie scheint dem Armen in seine hohlen
Augen und in seine hohle Hand, die er dem Reichen hinhält, wie
diesem in seinen vollen Geldbeutel, indem er unterdeß nach dem
klemsten Stück zum Almosen sucht.
16. Die Wachtel und ihre Jungen.
Hoch wallte das goldene Weizenfeld
Und baute der Wachtel ein Wohngezelt.
Sie flog einst früh in Geschäften aus
Und kam erst Abends wieder nach Haus.
Da rief der Kindlein zitternde Schaar:
„Ach, Mutter, wir schweben in großer Gefahr,
Der Herr des Felds, der gefürchtete Mann,
Ging heut' mit dem Sohne vorbei und begann:
„„Der Weizen ist reif, die Mahd muß geschehn,
Geh, bitte die Nachbarn, ihn morgen zu mähn.""
„O," sagte die Wachtel, „dann hat es noch Zeit!
Nicht flugs sind die Nachbarn zum Dienste bereit."
Drauf flog sie des folgenden Tages aus
Und kam erst Abends wieder nach Haus.
Da rief der Kindlein zitternde Schaar:
„Ach, Mutter, wir schweben in neuer Gefahr!
Der Herr des Felds, der entsetzliche Mann,
Ging heut' mit dem Sohne vorbei und begann:
„„Uns ließen die Nachbarn abscheulich im Stich;
Geh rings zu unsern Verwandten und sprich:
O kommt, dem Vater beizustehn,
Und helft ihm morgen den Weizen mähn!""
„Ei," sagte die Wachtel, dann hat es noch Zeit!
Nicht flugs sind Verwandte zur Hülfe bereit."
Drauf flog sie des folgenden Tages aus
Und kam erst Abends wieder nach Haus.
Da rief der Kindlein zitternde Schaar:
„Ach, Mutter, wir schweben in höchster Gefahr!
Der Herr des Felds, der entsetzliche Mann,
Ging heut' mit dem Sohne vorbei und begann:
„„Uns ließen auch unsre Verwandten im Stich;
Ich rechne nun einzig auf dich und mich.
Wir wollen, wenn morgen die Hähne krähn,
Uns selber rüsten, den Weizen zu mähn.""
„Ja," sagte die Wachtel „nun ist's Zeit!
Nun macht euch, Kinder, zum Zuge bereit!
Wer Nachbarn und Vettern die Hülfe vertraut,
Dem wird nur ein Schloß in die Lüfte gebaut;
Doch unter dem Streben der eigenen Hand
Erblüht ihm des Werkes vollendeter Stand."
Die Wachtel entfloh mit den Kleinen geschwind,
Tags drauf fuhr über di« Stoppeln der Wind.
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534
Wiege und Sarg — immerdar werdet ihr Menschen bergen.
Ost, ach — steht ihr nahe an einander, oft kaum eine Spanne weit
getrennt. Doch nahe oder fern, ihr Leide seid Wiegen, die eine:
Wiege für die Erde — die andere: Wiege für den Himmel.
26. Die alte Waschfrau.
Du siehst geschäftig Lei dem Linnen
Die Alte dort in weißem Haar,
Die rüstigste der Wäscherinnen,
Im sechsundsiebenzigsten Jahr.
So hat sie stets mit saurem Schweiß
Ihr Brod in Ehr und Zucht gegessen
Und ausgefüllt mit treuem Fleiß
Den Kreis, den Gott ihr zugemessen.
Sie hat gespart und hat gesonnen
Und Flachs gekauft und Nachts gewacht,
Den Flachs zu feinem Garn gesponnen,
Das Garn dem Weber hingebracht;
Der hat's gewebt zu Leinewand;
Die Schere brauchte sie, die Nadel,
Und nähte sich mit eigner Hand
Ihr Sterbehemde sonder Tadel.
Sie hat in ihren jungen Tagen
Geliebt, gehofft und sich vermählt;
Sie hat des Weibes Loos getragen,
Die Sorgen haben nicht gefehlt;
Sie hat den kranken Mann gepflegt;
Sie hat drei Kinder ihm geboren;
Sie hat ihn in das Grab gelegt
Und Glaub' und Hoffnung nicht verloren.
Ihr Hemd, ihr Sterbehemd, sie schätzt es,
Verwahrt's im Schrein am Ehrenplatz;
Es ist ihr erstes und ihr letztes,
Ihr Kleinod, ihr ersparter Schatz.
Sie legt es an, des Herren Wort
Am Sonntag früh sich einzuprägen,
Dann legt sie's wohlgefällig fort,
Bis sie darin zur Ruh' sie legen.
Da galt's, die Kinder zu ernähren;
Sie griff es an mit heiterm Muth,
Sie zog sie auf in Zucht und Ehren,
Der Fleiß, die Ordnung sind ihr Gut.
Zu suchen ihren Unterhalt,
Entließ sie segnend ihre Lieben;
So stand sie nun allein und alt,
Ihr war ihr heitrer Muth geblieben.
Und ich an meinem Abend wollte,
Ich hätte, diesem Weibe gleich,
Erfüllt, was ich erfüllen sollte
In meinen Grenzen und Bereich;
Ich wollt', ich hätte so gewußt,
Am Kelch des Lebens mich zu laben,
Und könnt' am Ende gleiche Lust
An meinem Sterbehemde haben.
27.
(Chamtsso.)
Der Ikauber und das Crucifix.
Auf dem öden Scheidewege, hinterm hohen Crucifixe,
Mit dem Säbel in dem Gurte, in der Hand die gute Büchse,
Steht der Räuber, stumm und lauernd, und des Auges dunklen Strahl
Läßt er rasch, wie einen Falken, abwärts fliegen in das Thal. —
Denn den Kaufmann will er fangen, der aus weit entlegnen Ländern
Heut zurückkehrt zu den Seinen, reich an Gold und Prachtgewändern;
Und was mühsam er erworben auf der Wand'rung nah und fern —
An dem Räuber, dem gewalt'gen, find't es plötzlich seinen Herrn. —
Abend wird's, die Sterne flimmern; mit dem Säbel und der Büchse,
Stumm und lauernd, steht der Räuber hinterm hohen Crucifixe.
Horch! da tönt's wie Engelstimmen! Leise Seufzer, laute Klagen
Kommen hell, wie Abendglocken, durch die stille Nacht getragen;"
Süß, mit ungewohnten Tönen, stiehlt Gebet sich in sein Ohr,
Und er steht und lauscht verwundert hinterm Crucifix hervor.
Alle find's, des Kaufmanns Kinder, in der Jugend Blüthejahren,
Braunen Auges frische Knaben, Mägdelein mit blonden Haaren;
Dicht beim Räuber, vor dem Kreuze, beugen betend sie das Knie,
Für die Rückkunft des Geliebten, ihres Vaters, flehen sie:
„O, du Schirmvogt der Verlass'nen, Hort und Pfleger du der Waisen!
Laß den Vater, unsern theuern, ungefährdet heimwärts reisen;
Den du freundlich schon geführt hast durch die Wüste und das Meer,
Breit' auch nun die holden Arme wie zween Flüglein um ihn her,
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